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Miet-Commerce: Ich miet' mir die Welt wie sie mir gefällt !!!

Aktualisiert: 27. Okt. 2020

Das Thema 'Alternativen zu Neuware' umfasst natürlich nicht nur das Kaufen von gebrauchten Sachen, sondern auch das Mieten von Dingen. Da es mittlerweile so viele verschiedene Arten und Weisen gibt, Dinge zu mieten, fiel mir prompt die Liedzeile von Pippi Langstrumpf ein, die schon sehr weise sang: 2 x 3 macht 4 widdewiddewitt und drei macht Neune !!! Ich mach mir die Welt widdewidde wie sie mir gefällt.


Aber wieso? Pippi war für mich schon immer der Inbegriff von Freiheit und Flexibilität, sie lebte ja schließlich mit einem Pferd und einem Affen in einem Haus und ging nicht zur Schule und sie scherte sich nicht viel um Besitz.


Demgegenüber steht in dem deutschen Grundgesetz für die Bundesrepublik in Art. 14 geschrieben: (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

Als Kind muss ich diesen Ausschnitt irgendwo aufgeschnappt haben. Mein Vater sagt heute noch, dass ich schon viel zu oft “Eigentum verpflichtet” zitiert habe wenn ich etwas nicht haben wollte, oder mir das drum herum zu stressig war. Als ich zusammen mit meiner Schwester ein Motorrad kaufte, wollte ich es z.B. vehement nicht auf meinem Namen anmelden. Als sie später eine Wohnung kaufte empfand ich es wie eine Fußfessel, die sie sich da anschaffte. Wenn man etwas besitzt, muss man auch dafür haften. Man hat es zu pflegen, zu bewahren, zu besteuern und muss, wenn es nicht mehr genutzt werden kann, für die Entsorgung geradestehen. Für die Entsorgung unseres Müll jeglicher Art zahlen wir Abfallgebühren, die von Stadt zu Stadt unterschiedlich hoch sind und wir zahlen aber auch mit unserer Umwelt, wenn wir nicht nachhaltige Ressourcen für die Produkte verwenden oder diese anschließend verbrannt oder in Deponien entsorgt werden müssen. Erst recht zahlen wir, wenn wir Dinge kaufen, die von vornherein Müll sind, weil ihr Lebenszyklus sehr kurz ist. Und wer will schon gerne Müll besitzen?


Was ist der Miet-Commerce?


Da klingt Mieten schon um einiges sorgenfreier oder? Mit Schlagworten wie ‘Produkte als Service’ und ‘Shared Economy’ erobert der Miet-Commerce gerade den Markt quasi als Lösung für alle, die nichts besitzen wollen. Seit ein paar Jahren kann man immer mehr Dinge mieten. Hierbei handelt es sich vermehrt um Geschäftsmodelle, die Service statt Produkten in Bereichen anbietet, in denen bisher Produkte gekauft wurden. Ich kaufe also kein Auto, sondern zahle für den Service “Mobilität” - gefahrene Kilometer in einem gemieteten Fahrzeug.

Die Digitalisierung machte es Firmen immer leichter ihre Konzepte kundenfreundlich anzubieten und den Mietprozess einfacher zu gestalten.


Während es sich früher nicht lohnte für eine kurze Dauer ein Auto zu mieten, heißt es jetzt: App laden, registrieren, Zahlungsmethode wählen, Auto aufschließen und losfahren. Kosten und Aufwand der ganzen Transaktion sind erheblich gesunken. Das Zauberwort ‘App’ ist ein digitaler Schlüssel zu vielen „Produkten auf Zeit“ geworden und hat Dinge wie Car Sharing erst möglich gemacht.



Image by me. Kreuzberg 2020


Man besitzt die Dinge zwar für die Mietdauer, aber sie gehen nicht in das Eigentum über. Je nach Vertrag mit dem Eigentümer muss man für die Sachen haften und ist während der Mietdauer dafür verantwortlich, aber danach gibt man die Sachen einfach zurück oder stellt sie ab und meldet sich ab. Die meisten Mietgegenstände sind zudem gut versichert oder man kann zumindest im Rahmen des Mietvertrages eine Versicherungen abschließen. Keine Verantwortung und keine Verpflichtung mehr. Dann mal ehrlich, unsere Einstellung und Lebensweise hat sich geändert:

Eigentlich will man keine Waschmaschine besitzen, sondern einfach saubere Kleidung haben.

Welche Mietangebote gibt es:


Da gibt es zurzeit viele Begriffe die da draußen so herumfliegen. Außer dem normalen 'Mietangebot', gibt es das 'Mietservicemodel', welches Interaktion und Services rund um ein Produkt stärker in den Fokus stellt als das Produkt. Dazu zählen beispielsweise auch Aboservices, bei denen das Produkt von Zeit zu Zeit ausgetauscht wird. Zudem unterscheidet man auch in 'Shared Economy' bei dem es sich um die Miete eines Produktes von anderen Privatpersonen handelt. Die Begriffe werden derzeit sehr beliebig und uneinheitlich verwendet. In diesem Artikel behandele ich alle Arten des Mietens und würde sie in 4 Modelle wie folgt unterscheiden:


Mieten ( von Firmen auf bestimmte Dauer)

Das kann vom Snowboard beim kleinen Skiverleih um die Ecke, den man schon lange kennt, über Fahrräder bei Swapfiets, bis zum neuen iPhone 11 Pro z.B. bei Grover - oh, ich habe da eine Idee! - alles sein. Hier muss man noch zwischen Leasing und Miete unterscheiden. In diesem Artikel meine ich aber lediglich die Miet-Variante. Je nach Produkt und Dauer ist der Übergang hier zum Teil fließend.


Miet Abos (Mieten von Firmen mit wechselnden Produkten)

Hier bekommt man regelmäßig, je nachdem wie man das Abo abschließt, immer etwas ‘neues’ zugesendet, bis man seinen Abovertrag abbestellt. Vor allem bei Kleidung funktioniert dieses System - es wird nie langweilig im Schrank! Auch bei Bekleidung für Kinder, die gerade in den ersten/-Jahren sehr schnell wachsen, funktioniert dieses System gut. Für einen bestimmten Betrag, kann man sich z.b. jeden Monat 4 Kleidungsstücke aussuchen, die einem zugesandt werden. (z.B. Stay a While )


Sharing Economy (Mieten von Privat an Privat über eine Plattform)

Hier unterscheiden sich die Definitionen die man online findet, aber ich meine damit, dass mieten von privat an privat. Wenn man z.B. einen Wohnwagen besitzt und ihn nur selten nutzt oder man ist für 3 Wochen im Urlaub und die eigene Wohnung steht leer, kann man diese Dinge jetzt über Plattformen vermieten. 'Peer-to-Peer' Vermietung wird immer beliebter. Um das rechtliche kümmert sich der Plattform-Anbieter und die zu vermietenden Dinge stellen Privatleute (Paul Camper, Airbnb).


On Demand (Mieten von Firmen On The Go)

Man registriert sich vorher und nimmt sich die Sachen, wenn man sie sieht oder findet sie mit der App, und mietet man 'On The Go' für wie lange man will. (Drive Now, Elektroroller auf der Straße)


Wie funktioniert dieses Mieten?


Im Groben: Man registriert sich auf der Mietplattform oder App, sucht das Produkt und die Verwendungsdauer aus und erhält das Produkt für die gewünschte Zeit.

Im Detail: funktionieren alle Plattformen etwas unterschiedlich. Deswegen werde ich in den nächsten Wochen immer mal wieder ein einzelnes Unternehmen genauer vorstellen. Diese Woche sind es Grover (Technik), Swapfiets (Fahrräder), Lyght Living (Möbel) und die Relanda GmbH (Kinder und Damenbekleidung).


Welche Vor- und Nachteile hat es, Dinge zu mieten?


Bei größeren Objekten mit hohem Anschaffungspreis gehört Mieten zur Regel: Häuser, Wohnungen und Autos (Leasing). Jetzt aber eben auch kleinere Dinge.


Vorteile beim Mieten

  • Flexibel; man hat die Dinge nur solange man sie braucht

  • Aktualität; man kann immer das neueste Produkt haben oder das, was zur jeweiligen Lebenssituation passt (z.B. Kindersachen)

  • Abwechslung (z.B. bei Kleidern)

  • Man kann Dinge testen

  • Kein Anschaffungs- und Entsorgungsstress


Vorteile beim Vermieten

  • Zusatzverdient; teils hohe Anschaffungskosten können wieder eingespielt werden

  • Besitz, der nicht ständig gebraucht wird, kann effektiver genutzt werden


Nachteile beim Mieten

  • Oft teurer als wenn man etwas kauft und lange nutzt oder wieder verkauft


Nachteile beim Vermieten

  • Risiko, dass das Produkt kaputt geht oder Schaden nimmt

  • Zeit für Organisation: man muss Versicherungen abklären und es listen lassen

  • Der Verdienst muss versteuert werden


Was kann man in Deutschland derzeit alles mieten?


Gerne würde ich schreiben: Was nicht? Aber so weit sind wir leider noch nicht und so manche Unternehmen, die auf den Zug aufgesprungen sind, haben das Mietgeschäft auch schon wieder eingestellt. Zum Beispiel konnte man bei der 'Spielzeugkiste' Spielsachen mieten. Doch die Rechnung ging wohl nicht auf und die Plattform verwandelte sich in einen Shop. Es lohnt sich aber am Ball zu bleiben und zu beobachten, was passiert. Zumindest für dieses Jahr übernehme ich das aber gerne für euch.


Derzeit scheinen die beliebtesten Kategorien: Technik, Kleidung, Möbel.


Lohnt es sich zu mieten?


Vor allem für Menschen, die wissen, dass sie Dinge nur auf Zeit brauchen, lohnt es sich, diese Dinge zu mieten. Wer will schon eine GoPro kaufen nur weil man einen einzelnen Urlaub damit dokumentieren will? Das ist nicht mehr notwendig. Ein schickes Kleid für ein einziges Event? Wird jetzt genauso gemietet, wie man das mit Hochzeitskleidern auch schon früher gemacht hat. Der Schneeanzug, den das Kind nur 2 Wochen braucht, oder das Stand Up Paddle Board, das man für eine Woche nutzen will.

Und Mieten ist natürlich auch super, um Dinge auszuprobieren. Keiner würde sich gleich Skier kaufen ohne jemals zuvor eine Abfahrt probiert zu haben.

Alles, was selten gebraucht wird, ergibt Sinn. Alles, was sich technisch schnell weiterentwickelt, ergibt auch Sinn. Oder wenn man einfach nicht den Platz hat, um Dinge dauerhaft zuhause einzulagern, ist es ebenfalls sinnvoll zu mieten. Wohnräume werden ja sowieso immer teurer, vor allem in den Städten. Wenn wir weiterhin dazu tendieren, immer mehr Dinge zu besitzen, dann muss man sich erst einmal den Platz dafür leisten können.


Je nachdem, wie lange man etwas braucht und ob man es sich nicht auch privat leihen kann: also ja.

Lohnt es sich, eigene Sachen zu vermieten?


Aktuell gibt es noch relativ wenige Plattformen, auf denen man selbst Dinge zur Vermietung anbieten kann. Dabei sind Wohnungen, Camper und Autos. Alles andere ist eher auf Nachbarschaftsseiten vertreten und wird ohne Geld verliehen (dazu schreibe ich später mehr). Für alle, die etwas haben, das sie selten nutzen und daher regelmäßig an andere vermieten können, lohnt sich der Aufwand. Wer etwas nur einmal vermieten will, sollte sich das lieber nicht antun. Denn was auch immer man dazu verdient, muss als Einkommen versteuert werden und der Aufwand lohnt sich wirklich nur, wenn dabei öfter etwas rumkommt. Je nach Plattform jedoch z.B. Schäden und andere Dinge geregelt, was alles dann wieder etwas leichter macht.

Vermietet hatte ich selbst bisher nur meine Wohnung in Dänemark über Airbnb. Gemietet habe ich bisher auch nur das Übliche: Autos, Apartments, Sportgeräte (von Bowlingschuhen über ein 4.000 Euro Rennrad). Drive Now verwende ich in Berlin und anderen Städten sogar obwohl ich ein Auto besitze.


Ich hoffe ich konnte euch einen guten Überblick geben. Falls ihr Mietmodelle kennt die ihr gerne teilen wollt, schickt mir einfach eine Nachricht oder lasst es hier in den Kommentaren.


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