top of page
Suche

Der Berliner Textilhafen hat nun eine neue Leitung um seinen Service für Upcycler zu stärken

Aktualisiert: 19. Juni 2023

Am Anfang meinest Blogs stolperte ich schon über den Textilhafen in Berlin. Immer mehr Upcylcer die ich kennenlernen durfte erhielten von dort ihre Materialien. Mittlerweile war ich schon einige Male da und dachte immer, das kann man noch besser machen. Das dachte man sich intern wohl auch und holte nun mit Annett Kaplow eine Leitung an Board. Ich wollte von ihr wissen, was sind den jetzt die Pläne für den Textilhafen?



Für mich persönlich ist der Textilhafen mit dem Materialpool unglaublich zukunftsweisend. Viele Leser unseres Blogs sind aber nicht aus Berlin und kennen den Textilhafen und den Materialpool nicht. Kannst du erklären was es ist?


Der Textilhafen ist die zentrale Sortieranlage für gespendete Textilien der Berliner Stadtmission. Diese erhält ca. 11 Tonnen gespendeter Kleidung wöchentlich. Vor Weihnachten können es auch mal 20 Tonnen pro Woche sein. Hier werden alle Kleidungsstücke für die Kleiderkammern bzw. Kiezläden sortiert und begutachtet. Häufig sind jedoch Textilien dabei die Löcher aufweisen oder für eine Weitergabe an unsere Gäste in den Kleiderkammern, sowie Kundinnen und Kunden nicht geeignet sind. Hier entstand die Idee des Materialpools. Verschiedene Materialien von Cashmere bis Jeans mit Schönheitsfehlern (z.B. Mottenlöcher) können hier per Kilopreis gekauft werden. Mit dem Bestellservice kann sogar das gewünschte Material und Farbe vorbestellt werden. So wird zum Beispiel Cashmere, Schurwolle usw. für manche Kundinnen gesammelt und bis zur Abholung beiseitegelegt. Zu unseren Kunden und Kundinnen gehören mittlerweile viele Upcycling-Designer:innen, Theater- und Kostümbildner:innen und Kreative.


Der Textilhafen zeichnet sich besonders durch seine soziale Nachhaltigkeit aus. Wir zeigen

eine sinnvolle Weiterverwendung von textilen Ressourcen auf und verfolgen einen wichtigen

Inklusionsgedanken. Die Erlöse dienen der Finanzierung unserer sozialen Projekte, wie z.B.

dem Betrieb der Kleiderkammer für obdachlose Menschen. Darüber hinaus ist der

Textilhafen sowie die Komm und Sieh gGmbH W ein Inklusionsunternehmen, d.h. 40% unserer fest angestellten Mitarbeitenden haben eine ausgewiesene Schwerbehinderung, die woanders nicht so leicht einen Job finden würden.



Das Ganze ist ja mehr oder weniger aus der Not entstanden bzw. weil die Bahnhofsmission Spenden bekommen habt, die an dem Bedarf der Wohnungslosen vorbei ging. Kannst du das für uns nochmal berichten? Wann kam die Idee, seit wann gibt es den Pool?

Der Textilhafen ist eine Idee der Komm und Sieh gGmbH der Berliner Stadtmission. Dieser wurde 2019 ins Leben gerufen. Diese Kleidung wird im Textilhafen erst einmal danach sortiert, was wir in der Kleiderkammer für obdachlose Menschen brauchen können. Dort versorgen wir zwischen 90 und 140 Personen täglich mit Kleidung, Schlafsäcken, Rucksäcken, Schuhen, Isomatten etc. Die Spenden, die wir für die Gäste in der Kleiderkammer nicht gebrauchen können, versuchen wir in den 5 Second Hand Läden in Berlin zu verkaufen. Der Erlös dient zur Finanzierung der sozialen Projekte. Hier werden gespendete Textilien und Haushaltswaren, aus Wohnungsauflösungen verkauft, die in den Kleiderkammern keine Verwendung finden. Im Textilhafen werden die Kleiderspenden sortiert und für die Verteilung der Kleiderkammern und Läden vorbereitet. Aus dem Spendenaufkommen können leider viele Sachen nicht gebrauchen. Das hat verschiedene Gründe. Viele Kleidungsstücke oder Schuhe sind schlichtweg kaputt oder verdreckt. Weitere Gründe sind unsere geringen Lagerkapazitäten. Wir sind stark auf Saisonware angewiesen, d.h. im Herbst/Winter können wir selten Platz für Sommersachen aufbringen. Des Weiteren haben wir ein hohes Spendenaufkommen von Frauen- und Kinderkleidung. In unseren Kammern bestehen die Gäste aber überwiegend (90%) aus Männern. Da nach der Sortierung für die Kleiderkammer und die Kiezläden immer noch ein Großteil der Spenden übrig ist, entstand der Materialpool des TEXTILHAFENS. Hier kann jeder einkaufen – je mehr, desto besser. Auch hier dienen alle Erlöse wieder der Finanzierung der sozialen Projekte. Hier tummeln sich mittlerweile viele Upcycling Designer:innen, die sich aus dem umfangreichen Sortiment bedienen. Hier wird den Alttextilien buchstäblich ein 2. Leben eingehaucht.



Du bist jetzt an der Spitze des Textilhafens. Was hat dich bewegt da einzusteigen und wie war dein Weg dahin?

Ich war zuvor bundesweit für die Begleitung und Beratung der Kleiderläden und -Kammern des Deutschen Roten Kreuzes zuständig. Die textile Kreislaufwirtschaft, Fashion und das kreative Schaffen gemeinsam mit Menschen sind meine Leidenschaft. Ich habe nebenbei ein inklusives Modelabel (SUERE) gegründet, wo Menschen mit und ohne Behinderung oder Migrationshintergrund nähen. Der Textilhafen ist ein Inklusionsunternehmen und als Sozialarbeiterin kann ich dort meine Passion für eine nachhaltige und innovative Textilbranche, sowie der Teilhabe-Befähigung von Menschen mit einer Behinderung vereinen. Es ist mir ein großes Anliegen die gemeinnützigen (Alt-)Kleidersammlungen zukunftsfest aufzustellen und neuartige Ideen umzusetzen. Dafür ist der Textilhafen prädestiniert.

Annett Kaplow als neue Leiterin im Textilhafen

Was sind deine Pläne und Visionen Für den Textilhafen?


Zunächst einmal müssen wir den routinierten Ablauf sicherstellen. Der weitere Fokus wird auf dem Aufbau des Materialpools liegen. Hier wollen wir mehr Menschen begeistern und schauen, wie wir diesen weiter ausbauen können. Durch die Zusammenarbeit mit der Projektentwicklung am Alexanderplatz, wo zum Beispiel eine offene Nähwerkstatt dem SECOND LIFE STUDIO im Uniqlo Flagshipstore installiert ist, liegt hier auch der Fokus auf der Bildungsarbeit. Hier wird den Konsumentinnen und Konsumenten direkt vor Ort gezeigt, wie Upcycling und Reparieren der Kleidung funktioniert. Durch diese Zusammenarbeit wollen wir langfristig zu einem Umdenken zu unserem Kaufverhalten anstoßen. Langfristig will ich schauen, inwiefern wir eine Inklusionsmanufaktur aufbauen können und somit einen neuen Textilproduktionsstandort mit fairen Bedingungen für alle in Berlin eröffnen können.


Danke liebe Annett für das Interview. Einige der Labels die Material vom Textilhafen beziehen, habe ich in den letzten Monaten schon vorgestellt: JIMMY WOW, MOOT








Weitere Links:



bottom of page