top of page
Suche

Nebenan.de - Muss ich mich erst online vernetzen, damit ich mich traue, beim Nachbarn zu klingeln ?

Aktualisiert: 6. Aug. 2021

Um Leute in ganz Deutschland in ihren Nachbarschaften zu vernetzten, brauchte es erst einen mehrfachen Unternehmensgründer, der mitten in Berlin, sein fränkisches Dorf vermisste.

Was genau ist nebenan.de?


Nebenan.de ist ein digitales soziales Netzwerk. Es soll die Scheu, auf Nachbarn zuzugehen, abbauen, indem es es, vor allem Großstädter, aus der Anonymität führt und Nachbarschaftshilfe fördert. Älteren Leuten soll es die Angst vor der Digitalisierung nehmen und ihnen die Möglichkeit geben, sich tatsächlich im echten Leben zu vernetzten. Im Prinzip sei es das Gegenteil von Facebook, schreibt das Unternehmen. Facebook will die Vernetzung global möglich machen, nebenan.de will, das Nachbarn wieder aufeinander zugehen.


Wie funktioniert es, bzw. was kann nebenan.de?


Man muss sich, wie bei jedem sozialen Netzwerk, erstmal mit seiner E-mail Adresse anmelden und wird dann zusätzlich per Brief oder Handy Location mit der echten Adresse verifiziert.


Auf nebenan.de sieht man dann nur, was in seinem eigenen Umkreis passiert. Bei mir ist das dann so:


Es gibt die “Straße”, den nahen Kiez und den Umkreis, die ‘Nachbarschaft’. Auf der Plattform gibt es dann folgende Funktionen: einen Feed, auf dem man sieht, was in der eigenen Nachbarschaft so gepostet wird, also was die Leute beschäftigt. Das heißt vom ‘Wer mag die Blumen in dem kleinen Hof gießen, der der Stadt gehört?’ bis zu ‘Kann mir jemand helfen, den Schrank herunter zu tragen?’ ist alles dabei. Außerdem kann man alle Mitglieder, die in der Nachbarschaft angemeldet sind, namentlich sehen. Es gibt offene und geschlossene Gruppen für verschiedenen Themen. Zusätzlich gibt es lokale Gewerbe- und Vereinsprofile. Darüber hinaus kann man Veranstaltungen koordinieren und veröffentlichen und es gibt einen Marktplatz, auf dem man Dinge verschenken, verkaufen oder tauschen kann.

Wer nutzt die Plattform?


Die Nutzer sind im Schnitt 43 Jahre alt. Nebenan.de beobachtet, dass das Interesse an der direkten Nachbarschaft im Alter steigt. Am häufigsten wird nebenan.de jedoch für Alltagsprobleme verwendet; wenn man beispielsweise einen Gegenstand leihen oder verleihen will, einen Babysitter oder Umzugshelfer sucht.


Wie wird es sonst noch genutzt?


Viele Stadtregierungen in Deutschland wollen digitaler und smarter werden. Die ersten Stadtverwaltungen haben zusammen mit nebenan.de bereitsTests gestartet, die Plattform als digitales Tool zu nutzen, um mit ihren Bürgern in Austausch zu treten.


Einige Städte und Kommunen nutzen das Nachbarschaftsnetzwerk über ein offizielles Organisationsprofil. Mit diesem versorgen sie ihre Bürger gezielt mit Informationen, laden zu Veranstaltungen ein oder rufen zur Bürgerbeteiligung auf.



Wie groß ist so eine ‘Nachbarschaft’?


In einer Großstadt wie Berlin mit großen Mehrfamilienhäusern kann eine Nachbarschaft 1.500 bis 6.000 Haushalte umfassen. In ländlichen Regionen kann eine Nachbarschaft auch mal kleiner ausfallen. Wichtig ist, dass es sich um eine möglichst natürlich gewachsene Nachbarschaft handelt.


Seit wann gibt es nebenan.de?


Gründer Christian Vollmann stieß mit Mitte dreißig in eine kleine Sinnkrise. Kurz gesagt: Haus, Kinder, Frau, Karriere waren gesetzt und er brauchte einen neuen Fokus .

Christian stieß 2013 auf die 2011 gegründete nextdoor.com Plattform aus den USA. Der gebürtige Franke, der aus einem kleinen Ort bei Erlangen stammt, nahm, insbesondere mit seinen eigenen Kindern, die Anonymität der neuen Nachbarschaft in Städten, wie Berlin, verstärkt wahr. Er sah das Potential einer solchen Plattform, Leute digital zu vernetzen, damit sie auch in der realen Welt leichter aufeinander zugehen und startete einen Versuch. Er klingelte dazu bei Nachbarn, stellte sich vor und fragte, ob sie ihre Email-Adresse herausgeben würden, wenn es so eine Plattform gäbe. Fast alle sagten ja.


Quelle: nebenan.de Gründer Christian Vollmann

Die Idee blieb im 2 Jahre im Kopf, bis er Till Behnke kennenlernte. Behnke hatte schon vorher in Unternehmen mit sozialer Mission investiert und so gründeten die beiden mit vier Mitstreitern 2015 die Nachbarschaftsplattform nebenan.de. Zusammen mit Till Behnke und Ina Remmers übernahm Christian Vollmann die Geschäftsführung.


Heute ist nebenan.de die größte Nachbarschaftsplattform in Deutschland. Für Vollmann, den erfahrenen Unternehmer und mehrfachen Unternehmensgründer (z.B. eDarling), sei nebenan.de ein Herzensprojekt, meint er.


Wie groß ist nebenan.de genau?


Mittlerweile sind 1,2 Millionen Nutzer*innen auf der Plattform aktiv und tauschen sich in hyper lokalen, digitalen Nachbarschaften aus: (April 2019)


Mehr als 20 Millionen Euro hat Vollmann von bekannten Investoren für seine Firma bekommen. Die wichtigsten Geldgeber sind der Münchner Burda Verlag und Lakestar von Star Investor Klaus Hommels.


Heute betreibt das Unternehmen Nachbarschaftsnetzwerke in


  • Frankreich (Mesvoisins.fr)

  • Spanien ( tienes-sal.es)

  • und Italien. ( vicinimiei.it)


Und ja, ihr habt richtig gelesen, nebenan.de ist ein Unternehmen, welches Umsatz erzielen will und muss, immerhin wurde viel investiert. Da sich das Unternehmen aber als Soziales Unternehmen versteht, hat es eine eigene Stiftung, die nebenan.de Stiftung, die von Michael Vollmann (dem Bruder von Christian Vollmann), geleitet wird. Die Stiftung soll dafür sorgen, dass die soziale Komponente, die für nebenan.de so essentiell ist, trotz all der unternehmerischen Kompetenz des Gründerteams, nie zu kurz kommt. Beide, Till Behnke und Christian Vollmann, sind Vollblut Gründer und Investoren.


Im Frühjahr 2019 gab das Unternehmen an, einen niedrigen fünfstelligen Umsatz pro Monat zu machen. Sie stünden auch noch ganz am Anfang ihrer Reise in Sachen Monetarisierung. Ihr vorrangiges Ziel sei aber, nachhaltig zu wachsen.


Wie finanziert sich die Plattform?


Nebenan.de ist für Privatpersonen derzeit kostenlos. Dies will das Unternehmen auch in Zukunft so weiterführen. Man sehe sich als Sozialunternehmen und möchte die Daten der Mitglieder auch nicht zu Werbezwecken an Dritte weitergeben, klassische Banner-Werbung solle auch nicht ausgespielt werden. Aber wie macht das Unternehmen dann Geld?

‘Wir glauben stattdessen, dass unser Weg zu einem fairen, transparenten und nachhaltigen Geschäftsmodell über die Einbeziehung aller Akteure in der Nachbarschaft führt.’

Deshalb hat das Unternehmen die Finanzierung von nebenan.de auf 3 Säulen gestellt:



Mittlerweile können die Nutzer nebenan.de freiwillig fördern. Das geht ab einem Euro pro Monat. Seit 2019 können außerdem lokale Händler und Dienstleister auf der Plattform Werbung schalten. Wichtig ist dabei, dass nur lokale Gewerbe aus der Nachbarschaft werben dürfen. Und dass dafür keine persönlichen Daten der Nutzer erhoben werden, wie beispielsweise bei Facebook.


Das Unternehmen hofft, dass langfristig 10 bis 15 Prozent der Nutzer freiwillig zahlen werden. Je mehr Nachbarschaften erschlossen werden, desto mehr Nutzer hat die Plattform und somit immer mehr potenzielle Förderer.


Und wie macht nebenan.de das mit Social Distancing zu Zeiten von Corona?


Besonders jetzt zu Zeiten von Corona, hat das Netzwerk eine besondere Aufgabe. Es fordert Menschen auf einander zu helfen, ob es bei der Kinderbetreuung ist oder beim Einkaufen für die Risikogruppen.


Außerdem wurde mit kaufnebenan.de gleich eine neue Möglichkeit auf die Beine gestellt, lokalen Gewerbetreibenden zu helfen. Dort kann man wahlweise Spenden oder Gutscheine für lokale Geschäfte kaufen, damit diese die Krise besser überstehen. Nach dem Motto ‘unterstütze deinen Lieblingsladen’. Die Partner, wie Visa und Deutsche Bank, verdoppeln dann den Wert des Gutscheins und dein Lieblingsladen erhält den doppelten Betrag. Falls jemand das noch machen will, hier der Link.



Kritik


Oft passiert es, wie bei Studi VZ und Co., dass deutsche Unternehmen an größere Unternehmen verkauft werden, sobald diese den Deutschen Markt betreten. Auch wenn nebenan.de jegliche Verkaufsabsichten verneint hat, bleibt ein Restzweifel. Den amerikanischen Konkurrenten nextdoor.de gibt es nun seit 2017 auf dem deutschen Markt. Auch ist fraglich, ob sich das Unternehmen daran hält, die Daten nicht doch zu verkaufen, denn am Ende ist es schließlich ein Unternehmen und muss langfristig nicht nur Kosten decken, sondern auch Gewinn erzielen.






Quellen:



bottom of page