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Der Cradle to Cradle Ansatz - was er aussagt und wieso ich ihn unterstütze

Aktualisiert: 28. Okt. 2020

Cradle to Cradle (C2C) ist ein Ansatz für eine durchgängige und konsequente Kreislaufwirtschaft von dem Chemiker Michael Braungart, den er zusammen mit dem US-amerikanischen Architekten William McDonough Ende der 1990er entwickelte.



Wie ich auf Cradle to Cradle stieß


Cradle to Cradle (C2C) begleitet mich schon seit 2008. Um genau zu sein seit ich das Cradle to Cradle Buch 2008 am Bahnhof in Nürnberg entdeckte. Ich hatte einige Minuten die ich überbrücken musste und schlich in den einzigen Buchladen, der eine gute Auswahl an Wirtschaftsbüchern hatte. Das Buch fiel mir ins Auge und noch bevor ich bei meinen Eltern 25 km weiter ankam, hatte ich die ersten Seiten verschlungen.

Der Ansatz hat mich ohne Frage gepackt und begeistert. Seit 2016, also nachdem ich aus Dänemark wieder nach Berlin gezogen bin, bin ich im Cradle to Cradle e.V. Mitglied. Darauf bin ich aber nicht ganz so stolz, denn in 3,5 Jahren hatte ich es nie geschafft zum Regionaltreffen zu gehen. Als ich dieses Jahr mit Rebound Stuff begonnen habe, nahm ich mir vor , ich würde es ab jetzt regelmäßig zu den Treffen schaffen. Dann kam Corona und andere Sachen und es ist bei traurigen zwei Mal geblieben. Aber die Begeisterung für das Konzept ist immer noch ungebrochen. Also was besagt der Ansatz?


Der Cradle to Cradle Ansatz


Im Jahr 2002 veröffentlichten Michael Braungart zusammen mit dem Architekten William McDonoughsie ihrem Ansatz in dem Buch: Cradle to Cradle: Remaking the Way We Make Things. Cradle to Cradle orientiert sich am Kreislauf der Natur. Denn biologische Kreisläufe lassen keinen Abfall zurück.


Michael Braungart Quelle: epea-hamburg.org

Kern des Ansatzes ist es, den biologischen und technischen Kreislauf getrennt voneinander zu betrachten. Beide müssen ein in sich geschlossener Prozess sein. Organische Bestandteile eines Produktes landen wieder auf dem Kompost und somit im Kreislauf der Natur. Technische Bestandteile müssen so ge- und verbaut sein, das einzelne Elemente und Materialien recycelt und wiederverwendet werden können.

In beiden Fällen werden Materialien aus alten Produkten wieder Nahrung oder Rohstoffe für Neue.


Ok? Etwas genauer bitte!


Nach Braungart haben wir kein Konsum-, sondern ein Design Problem. Wir würden immer noch versuchen, schlechte Produkte weniger schlecht zu machen, anstatt sie einfach von Grund auf neu zu designen.


Weniger schlecht ist nicht gut!

'Design to recycle' spielt in dem C2C Ansatz eine zentrale Rolle. Deswegen arbeitet Braungart am liebsten mit Chemikern, Physikern und Produktdesignern zusammen. Cradle to Cradle soll vor allem kein Marketing Stempel für die Endkunden sein. Vielmehr sollen mit C2C Produkte konzipiert werden, die besser, nachhaltiger und eventuell sogar günstiger sind als kommerzielle Alternativen. Da würde es dann auch kein Marketing brauchen um das Produkte zu verkaufen, denn die Leute würden von selbst einfach das beste Produkt auf dem Markt wählen. Auch auf die Frage von vielen Umweltschützern, wieso er denn mit Firmen wie Proctor & Gamble und Johnson & Johnson zusammenarbeitet, antwortete er, man könne nicht nicht mit Ihnen zusammenarbeiten, wenn man wirklich etwas bewegen wolle. Sie seinen immerhin die Keyplayer.


Ein Produkt, das Abfall wird, ist einfach ein schlechtes Produkt. Nicht nur wegen der Moral, sondern auch von der Qualität.

Unternehmen sollen laut C2C, Produkte aus dem technischen Kreislauf nach deren Nutzung wieder zurücknehmen, um die verbauten Rohstoffe selbst zu entnehmen und wieder zu verwenden. Ob man das Ganze dann Pfand, Miete oder Rückkauf nennt, ist im Prinzip egal. Hauptsache die Produkte werden so gebaut, dass beim Bau des ersten Produktes schon darüber nachgedacht wird, wie die Ressourcen im nächsten Produkt verwendet werden können.

Ok, und wieso der komische Name?


Cradle to Cradle bedeutet von der Wiege zur Wiege und ist als Kontrast zum Begriff Cradle to Grave, also von der Wiege zum Grab, gewählt worden. Von der Wiege zum Grab wird oft für die lineare Writschaft verwendet, wenn das Produkt am Ende seines Lebenszyklus auf dem Müll landet. Genau dies ist bei Cradle to Cradle anders: das Produkt landet am Lebensende nicht auf dem Müll, sondern als 'Nahrung' in neuen Produkten, also wieder in der Wiege und startet ein neues Leben.



Wie groß ist der Einfluss von Cradle to Cradle heute?


Prof. Dr. Michael Braungart pioniert seit mehr als 20 Jahren mit dem Cradle to Cradle-Designkonzept. Weiter ist er aber auch Gründer und wissenschaftlicher Geschäftsführer von EPEA GmbH in Hamburg, der Wiege von Cradle to Cradle, Mitbegründer und wissenschaftlicher Leiter von McDonough Braungart Design Chemistry (MBDC) in Charlottesville, Virginia (USA) sowie Gründer und wissenschaftlicher Leiter des Hamburger Umweltinstituts e.V. (HUI). An der Rotterdam School of Management der Erasmus Universität (RSM) leitet Braungart den Lehrstuhl für Cradle to Cradle für Innovation und Qualität. Zudem ist er Professor an der Leuphana Universität Lüneburg, der Universität Twente in Enschede sowie an der TU Delft. Im Rahmen der Exzellenzinitiative erhielt er eine Ehrenprofessur der TU München.


Der Cradle to Cradle e.V. steht für alle offen und hat Regionalverbände in vielen Städten. Insgesamt zählt der Verein derzeit 700 aktive Mitglieder. Jährlich findet der Cradle to cradle Congress statt. Mit über 1000 Teilnehmern trafen sich dieses Jahr zahlreiche Changemaker aus der ganzen Welt in Berlin unter der Schrimherrschaft der Umweltministerin Svenja Schulze. In Berlin entstand auch letztes Jahr das C2C Lab.



Gibt es irgendwelche Produkte, die nach dem C2C-Design-Prinzip schon produziert werden?


Ja, es gibt eine „C2C-Zertifizierung“, die seit 2010 vom Non-Profit-Institut Cradle To Cradle Products Innovation Institute mit Sitz in San Francisco (USA) verliehen wird. Diese bewertet nach fünf Kriterien:

  • Materialgesundheit,

  • Kreislauffähigkeit,

  • (Einsatz) Erneuerbare Energien,

  • Verantwortungsvoller Umgang mit Wasser, sowie

  • Soziale Gerechtigkeit.

Insgesamt gibt es fünf Grade des Siegels, welches alle zwei Jahre erneuert werden muss: Basic, Bronze, Silber, Gold und Platin. Mittlerweile haben über 150 Unternehmen über 400 Produkte nach den Kriterien von Cradle to Cradle auf dem Markt gebracht. Hier ein paar Beispiele, die ihr vielleicht kennt:


Eine Liste mit mehr Produkten gibt es hier.


Und hier noch einige Marken die mit C2C zusammen arbeiten:

Methode, Wolford, Stabilo, Ritter Sport, Schwalbe, Carlsberg, Würth

Und JA! Es ist ok wenn ihr diese Marken jetzt etwas mehr mögt als vorher.


Was bleibt zu abschließend zu sagen?


Braungart meint auch, dass der Mensch per se nicht nachhaltig sein könne. Er könne lediglich eine negative oder positive Wirkung auf die Umwelt haben, aber nicht gar keine. Das würde nämlich heißen, er würde nicht existieren. Der Visionär Braungart schlägt mit Cradle to Cradle eine Richtung ein, die in der Absolutheit derzeit nicht umsetzbar ist. Er träumt von Sneakern mit Kautschuksohlen, die beim Gehen statt Mikroplastik eingearbeitete Blumensamen verlieren und Straßen blühen lassen.


Ich denke, jeder Visionär muss unrealistisch denken, damit es irgendwann Realität werden kann. Deswegen fasziniert mich Cradle to Cradle, weil der Ansatz wissenschaftlich ist und trotz der derzeitigen Limitationen daran arbeitet, morgen ein Stück weit mehr funktionsfähig zu sein.


Falls ihr euch in einer Regionalgruppe engagieren wollt findet ihr hier Informationen dazu.

Und wer es ganz genau wissen will, für den ist diese Dokumentation sehenswert.




Quellen

Buch: Cradle to Cradle 2002 Baumgartner und Donovan


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