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Doris Schoger

Konsum & Nachhaltigkeit – kann das überhaupt zusammenpassen?


Nun mal ehrlich, da die meisten Dinge die wir konsumieren aus Rohstoffen gemacht werden, die besser im Boden, auf der Erde oder in den Meeren bleiben sollten, kann Konsum gar nicht nachhaltig sein. Zumindest nicht in der Menge, in der wir aktuell konsumieren.


Also ist doch die Entscheidung eines Jeden der nachhaltig sein will, klar: wir müssen alle zu Minimalisten werden. Nur noch konsumieren was absolut notwendig ist. Lösung gefunden, case closed. Und wären wir Menschen nicht Menschen, würde uns das vielleicht auch genügen. Wir könnten uns in die Sonne legen, uns langweilen und dann wären wir nachhaltig. Die Rohstoffe würden bleiben wo sie sind, für alle wäre genug da. Natürlich wären wir in dieser idealen Welt alle auch vegan.


Wer minimalistisch lebt, tut nichts Falsches, aber er hilft auch nicht denen, die den Systemwandel vorantreiben möchten.

Ich sage das so konfrontativ, weil dieses "sich selbst genügen" leider so gar nicht in der menschlichen Natur liegt und die Mehrheit der Menschen das wahrscheinlich nur knapp eine Woche aushalten würde. Wir haben ein System geschaffen, dass uns beschäftigt hält und mit schönen Dingen umgibt. Es baut unseren Wohlstand auf, auf den die Meisten nicht mehr verzichten möchten. Vor allem wir hier, im Globalen Norden nicht. Dieses System zerstört aber gleichzeitig gerade den Planeten (also unsere eigene Lebensgrundlage).


Daher liegt es an uns ein System zu schaffen, das besser, also nachhaltiger funktioniert und diese Bedürfnisse des Konsumierens für uns deckt. Der Mensch ist Ästet, Künstler und emsig in dem was er machen will und dieses System muss aus Lösungen bestehen, die dem gerecht werden. Ein solcher Systemwandel braucht alle Akteure: Unternehmen, die zirkuläre Geschäftsmodelle aufbauen und sie umsetzten, eine Politik, die passende Rahmenbedingungen schafft und Konsument:innen, die zirkuläre Produkte verstehen, nachfragen und nutzten.


Sollen wir also abwarten bis wir eine neues System haben und bis dahin möglichst minimalistisch leben und konsumieren, um nicht mehr zu zerstören?

Wir machen mal einen Kassensturz: wie weit sind wir denn? Ist nachhaltiger Konsum möglich oder ist Minimalismus die einzige Lösung? Kann man schon heute als umweltbewusste Bürger:innen nachhaltig konsumieren ohne die Zukunft der morgigen Generation zu belasten. Ich möchte in diesem Artikel auf 4 Bereiche eingehen:


1. Zirkuläre Produkte: Ah wie ich das BUZZ Wort 2020/21 liebe. Ein zirkuläres Produkt ist so gebaut, dass es komplett recycelt werden kann, nichts auf dem Müll landet und die Materialien noch viele Male für ein Neues, im besten Falle, gleiches Produkt verwendet werden können oder am Ende der Nutzung einfach ohne Schadstoffe wieder zu organischen Stoffen zerfallen. Derzeit sind aber weltweit nur 1% der Konsumprodukte zirkulär (8% der Wirtschaft). Das größte Problem ist aber nicht die Wiederverwendung der Materialien für neue Produkte, sondern die Verfügbarkeit von Rezyklaten und ihr Preis. Sie sind in ihrer Herstellung teurer als virgin Materialien und unser Recycling System ist noch sehr unzureichend aufgestellt um kostengünstige Rezyklate in ausreichender Menge herzustellen. Deswegen nutzen viele das buzz Wort zirkulär für Secondhand.


2. Secondhand Produkte: Nachdem Nachhaltigkeit abgegriffen erscheint, waschen sich nicht mehr alle grün, sondern rund. Viele Unternehmen handeln nun auch mit gebrauchter Ware, insbesondere bei Kleidung. Obwohl es die Unternehmen nicht automatisch zirkulär macht, einfach lineare Produkte erneut zu verkaufen (irgendwann landen eben auch diese auf dem Müll), führt der Konsum von Secondhandprodukten doch zu einer Art von Zirkularität, indem Produkte länger im Wirtschaftskreislauf gehalten werden. Und sich mehr um diese Produkte gekümmert wird, beispielsweise durch Reinigung und Reparatur. Eng verbunden mit dem Secondhand Markt, ist auch die Upcycling Bewegung. Nach vielen Jahren erhält diese momentan wieder neuen Aufschwung und ist professioneller und kreativer denn je.


3. Produkte aus biologischen Materialien: Nach dem Cradle to Cradle Ansatz gibt es nicht nur Produkte, die immer wieder recycelt werden können, sondern auch solche, die aus reinen organischen Rohstoffen bestehen. Sie sind idealerweise so rein verarbeitet, dass die einfach kompostierbar sind und als als Nährstoffe wieder in den Boden zurück gegeben werden können. Aber vorsichtig, denn auch diese Produkte brauchen immer wieder Strom, Wasser und andere Ressourcen um aus ihnen wieder Produkte zu machen. Vorteil ist nur, das dem Boden immer wieder alles zurückgegeben werden kann und kein toxischer Müll entsteht, da die Produkte nicht durch chemische und künstliche Stoffe verunreinigt wurden. Viele Konsument:innen denken, dass Produkte die als nachhaltig gelabelt sind, dieses Kriterium erfüllen, aber dem ist leider nicht so. Auch vegane Kunststoffsandalen, die weder biologisch noch recycelbar sind, werden bei kommerziellen Online-Shops als nachhaltig, bzw. "vegan" gelabelt. Das ist eindeutig Greenwashing und nutzt die Unwissenheit vieler Konsument:innen aus, die eigentlich etwas Nachhaltiges konsumieren wollen.

4. Dienstleitungen: Konsum muss nicht immer in Produkten stattfinden. Hier gibt es gerade zwei Trends: Produkte als Dienstleistungen und klassische Dienstleistungen.

Bei 'Produkte als Dienstleistungen' sind alle Dinge gemeint, die man mieten kann und die man dadurch nutzt, ohne sie besitzen zu müssen. Besondern gut klappt das bei Produkten die man selten braucht und die recht teuer in der Anschaffung sind.

Meiner Meinung nach, steckt in herkömmlichen Dienstleitungen noch viel Potential für ein gesundes System. Die Wirtschaft kann wachsen obwohl wir gar nichts Neues produzieren, aber trotzdem konsumieren. Also wieso nicht die alten Sneaker reparieren lassen, auch wenn es so teuer ist wie neue kaufen? Wieso nicht jede zweite Woche zum Frisör und zur Maniküre gehen? Wieso nicht ein Kleid aus dem Alten Bettlacken schneidern lassen, wenn ihr euch das leisten könnt. Auch wenn wir in Deutschland gerne viel selber machen, weil wir es können und so gewohnt sind: lasst euch den Wocheneinkauf per Fahrrad liefern und streicht eure Wände nicht mehr selbst. Natürlich mit fairer Bezahlung für die, die die Arbeit ausführen. So halten wir das Rad der Wirtschaft am laufen ohne mehr Rohstoffe zu verbrauchen.

Wie konsumiere ich jetzt am besten nachhaltig? Momentan kann wahrscheinlich noch niemand ausschließlich 'nachhaltig' konsumieren, aber es gibt viele nachhaltige(re) Optionen. Eben solche von Unternehmen, die in den Bereichen Alternativen zu Neuwaren, Green Economy, Zirkularität und Dienstleistungen angesiedelt sind. Die meisten sind derzeit aber noch in der Anfangsphase und sehr klein und brauchen Unterstützung durch Kund:innen die an sie glauben.

Genau aus diesem Grund kann Minimalismus nicht die Lösung für Nachhaltigkeit sein. Man muss mit seinem Konsum diese kleinen Unternehmen bewusst unterstützen.

Es ist im Grunde nichts anderes als zur Wahl zu gehen. Und die, die nicht konsumieren, wählen nicht, und geben keine Stimme für die Unternehmen ab, die das System verbessern wollen. Unternehmen die versuchen echte Alternativen zu schaffen, brauchen Kund:innen. Kund:innen die ihnen helfen ihre Produkte und Dienstleistungen für die große Masse zu optimieren und am Anfang die schweren Monate zu überstehen. Erst dann können sie mit großen Plakaten und Aufklärungsmarketing auch die Kund:innen bekommen, die heute noch Convenience und Preis vor Nachhaltigkeit wählen. Viele dieser Unternehmen sterben allerdings in der Anfangsphase, da sie nicht genug Kund:innen erreichen um die Start-Up Phase zu überleben und sich zu optimieren. Ab einem Punkt geben sie auf, entweder ihr Geschäft oder ihre Ideale, weil das Geld aufgebraucht ist oder sie aufgehört haben zu glauben, dass sie etwas ändern können. Wieso ist es aber so schwer für diese Unternehmen Kund:innen zu bekommen? Gerade die Kund:innen, die ihre Produkte & Service verstanden hätten, haben sich leider entschieden auf Konsum zu verzichten oder alles selbst zu machen, da sie dies als noch nachhaltiger betrachten.

Nachhaltiger Konsumieren geht über Upcyling, Secondhand, Reparieren & Reinigen und Mieten. Eigentlich war es nie einfacher gute Entscheidungen zu treffen als heute. Nur wer Angst hat Falsches zu konsumieren, konsumiert gar nichts und überlässt das Spielfeld (den Markt) denen, die Falsches tun und Schädliches fördern.


Mein Aufruf, unterstützt neue Geschäftsideen, sodass sie die Chance haben Ihr Geschäftsmodell zu optimieren und auch andere zu erreichen. Habt etwas mehr Geduld mit ihnen und wägt nicht jeden Euro ab und vergleicht sie auf einen Fall ab Tag No.1 mit Amazon und Co., sonst erlangen wir nie einen Systemwandel.




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